3. August 2019: Temešvár – Bechyně – Pelhřimov – Uherské Hradiště

Am Freitagnachmittag war ich von München aus wieder nach Tschechien gefahren, diesmal in den Böhmerwald. Übernachtet habe ich nach längerer Hotelsuche in Písek, von wo ich dann am nächsten Morgen nach Osten gefahren bin.

Mein erstes Ziel war das Dorf Temešvár, das ich auf der Karte gesehen hatte. Es wurde 1716 nach dem großen Temeschwar (Timișoara) benannt, nachdem dieses von Prinz Eugen von den Türken befreit worden war. Das südböhmische Temešvár ist ein kleines Dorf, das oben hoch über der Moldau liegt, über die hier eine riesige, 1939–1943 erbaute Brücke führt.

 

 

 

 

Weiter ging es nach Bechyně, einer der wenigen südböhmischen Städte, die ich noch nicht kenne. Erst bin ich ein bisschen herumgelaufen und habe beschlossen, das Schloss nicht zu besichtigen, dann entdeckte ich ein interessantes Gebäude, in dem sich laut Aufschrift das „Muzeum turistiky“ befindet. Das heißt aber mitnichten, dass es um Tourismus gehe, sondern eher um Wandern, das Museum wird vom Tschechischen Wanderverein („Klub českých turistů“) betrieben. Und bei dem Gebäude handelt es sich um die ehemalige Synagoge von Bechyně, die eher zufällig der Zerstörung entgangen ist.

Die Besichtigung der Museums erwies sich als sehr ergiebig. Im Erdgeschoss erfährt man alles, aber wirklich alles über die Wandervereine in Böhmen und Mähren ab dem 19. Jahrhundert (einschließlich der deutschen und österreichischen Vereine, die ebenfalls hier wirkten), im ersten Stock gibt es eine sehr gute Ausstellung über die jüdischen Gemeinden von Bechyně und Umgebung. Allerdings gibt es weder oben noch unten viele Ausstellungsstücke, sondern vor allem Text, modernen Museumspädagog*innen wäre die Ausstellung vermutlich ein Graus.

 

 

 

 

Die Dame an der Kasse war ganz gerührt, dass mal jemand kommt (dass ihre erste Frage war, ob ich Rentner sei, sei ihr verziehen), und wollte mich gar nicht gehen lassen. Ich sollte zwei Filme anschauen und habe dann auf einen heruntergehandelt, über die Versetzung einer Kettenbrücke aus dem 19. Jahrhundert an eine andere Stelle. Die Dame meinte auch, es gebe noch viel in Bechyně zu sehen, mindestens für eine Woche. Da bin ich dann lieber weitergefahren.

Zu Mittag gegessen habe ich in Pelhřimov, wo ich schon öfter war, nachmittags wollte ich dann noch möglichst weit nach Osten kommen. Als Ziel habe ich mir erst Slavkov u Brna (auch bekannt unter dem Namen Austerlitz) ausgewählt, aber da ich so gut vorankam, bin ich bis Uherské Hradiště durchgefahren, der Hauptstadt des Slovácko, die ich seit Anfang der neunziger Jahre immer wieder besuche, weil das eine sehr nette kleine Stadt mit vielen Sehenswürdigkeiten ist. Außerdem liegt sie in dem Gebiet, in dem man das Zentrum des Großmährischen Reichs vermutet, mit Ausgrabungsstätten, Museen usw. Das letzte Mal war ich hier genau vor einem Jahr, nach meinem Unfall (ich bin an der Stelle auch wieder vorbeigefahren), und habe hier nette Tage verbracht. Diesmal will ich mir Sehenswürdigkeiten anschauen, die mir vor einem Jahr als Fußgänger nicht zugänglich waren, ich verzichte also beispielsweise auf einen Besuch im Museum von Staré Město. Ich habe mich in einem Hotel einquartiert und bleibe bis Dienstag.

Abschließend will ich noch von Erlebnissen mit meinem Navi berichten, das (anders als beim vorhergehenden Auto) von der Firma Škoda stammt und fest im Auto integriert ist. Ich finde es sehr zuverlässig, aber etwas nervt mich schon, dass die Karten deutschnational sind, d.h. oft stehen dort deutsche Ortsnamen, die keiner mehr kennt. Brünn, Budweis oder Austerlitz lasse ich mir ja noch gefallen, aber Pilgram für Pelhřimov und Pibrans für Příbram geht entschieden zu weit. Also hatte ich am Freitagnachmittag die Idee, die Sprache, in der das Auto mit mir kommuniziert, auf Tschechisch umzustellen – und sieh da, die deutschnationalen Namen sind verschwunden. Weil aber Tschechisch auf die Dauer auch langweilig ist, habe ich am Samstag auf Ungarisch umgestellt, und erlebte eine Überraschung: Zwar ist die Karte dann auf Ungarisch beschriftet, aber die mündlichen Anweisungen erfolgen auf Englisch! Offenbar war es der Firma Škoda zu teuer, auch noch mündliches Ungarisch zu synthetisieren.

Soziolinguistisch ist das sehr interessant, weshalb ich dann auf der Fahrt mit allen anderen Sprachen experimentiert habe. An slavischen Sprachen gibt es außer Tschechisch noch Polnisch (wo der Autofahrer geduzt wird) und Russisch, aber bei den anderen Sprachen, die man einstellen kann, betrifft das wieder nur die schriftliche Form, bei Ukrainisch schallt einem etwa Russisch entgegen und bei Slovakisch Tschechisch. Ähnlich bei kleineren europäischen Sprachen wie Lettisch, Litauisch, Finnisch, Dänisch (!) und Portugiesisch, wo man auf Englisch abgespeist wird. Darüber sollte man fast einmal schreiben…

Nachtrag: Ich habe ganz vergessen zu erwähnen, dass in Uherské Hradiště gerade ein Filmfestival stattfindet, wie jedes Jahr Ende Juli / Anfang August. Deshalb ist die Stadt voll von jungen Leuten, es gibt viele Stände, und auf dem Hauptplatz saßen einige Leute auf Decken am Boden (auf dem Bild am rechten Rand zu sehen), weil um 22 Uhr eine öffentliche Filmvorführung beginnen sollte. Der habe ich mich entzogen, ich hatte ja auch keine Decke dabei… Außerdem war viel Polizei in der Stadt, vermutlich aus Sicherheitsgründen, aber wohl auch etwas als Leistungsschau. So war ich doch ziemlich beeindruckt, als auf einmal eine Polizeipferdestaffel an mir vorbeizog…

 

1 Kommentar

  • Wir haben im Navi immer Tschechisch eingestellt, sonst nervt das Fahren in Tschechien, weil wirklich die meisten Orte in deutscher Bezeichnung dargestellt werden. Der Witz ist aber, dass es umgekehrt dann auch im Weinviertel so ist, dass man nicht nach Gänserndorf, sondern durch Husník fährt, Ebenthal wird zu Hrádek usw. Das ist insofern spannend, als da zum Teil gar nicht die ursprünglichen Ausdrücke Verwendung finden (die Slowaken sagten ja an sich auch Genšdorf), sondern die puristischen Übersetzungen (vgl. auch Havranohrad für Rabensburg statt Ránšpurk). Jedenfalls sind diese Navis witzig programmiert (ist aber bei Googlekarten auch so bei entsprechender Voreinstellung).

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