Am Montagmorgen habe ich mich nach dem Frühstück noch einmal mit Tymoteusz Król getroffen, wie üblich im Restaurant Rogowa. Außer uns waren noch zwei weitere Teilnehmer_innen des Muttersprachtags da, so ging das Gespräch über die Hintergründe der Veranstaltung und über das Museum fröhlich weiter. Bemerkenswert war, wie viele Leute am Montagmorgen im Restaurant saßen, zu einigen wurde mir dann auch etwas erzählt.
Gegen 11:45 haben wir uns verabschiedet und ich bin zu einem kleinen Ausflug aufgebrochen, und zwar in die ca. 40 km entfernte Stadt Żywiec (deutsch Saybusch). Dort war ich vor vielen Jahren einmal, kann mich aber kaum noch erinnern. Ich weiß nur noch, dass ich auf dem Hauptplatz saß und Bier getrunken habe, Bier deshalb, weil Żywiec eines der Zentren der polnischen Bierproduktion ist (übrigens befinden sich fast alle Zentren in Gebieten, die mal zur österreichisch-ungarischen Monarchie gehörten…).
Den Hauptplatz habe ich schnell gefunden, diesmal aber kein Bier getrunken. Es war schlicht zu kalt, um draußen zu sitzen. So bin ich auf dem Platz herumgelaufen, habe das obligatorische Denkmal des heiligen Papstes angeschaut (das bei meinem ersten Aufenthalt vermutlich noch nicht da war) und habe mich zur Kathedrale begeben, an der vor allem der hohe Turm auffällig ist. Informationstafeln, die dort standen, habe ich auch entnommen, dass der Turm 1711 vom Blitz getroffen wurde und dass die Bauarbeiten recht mühselig waren. Die Kirche selbst fand ich nur in Maßen interessant.
Dann habe ich länger nach dem Schloss gesucht. Żywiec war nämlich der Sitz der polnischen Habsburger, einer Nebenlinie, die durch Karl von Österreich-Teschen (1771–1847) begründet wurde, der in den Napoleonischen Kriegen eine wichtige Rolle spielte (u.a. hat er 1809 Napoleon in der Schlacht von Aspern besiegt). Seine Nachfahren wurden allmählich polonisiert und waren im 20. Jahren treue polnische Staatsbürger. Und noch vor der Gründung Polens war Karl Albrecht (1888–1951) ein ernsthafter Kandidat für die polnische Krone – und sein jüngerer Bruder Wilhelm Franz (1895–1948) war für den ukrainischen Thron (!) vorgesehen. Daraus ist aber nichts geworden, und Wilhelm Franz starb in sowjetischer Haft, nachdem man ihn 1947 in Wien entführt hatte. Karl Albrecht starb in Schweden, wohin er 1946 todkrank hatte ausreisen dürfen.
Die Suche nach dem Schloss war deshalb ein bisschen schwierig, weil die Stadt voll von Prachtgebäuden im „Habsburger Gelb“ ist, in ihnen sind heute Schulen oder Behörden. Das eigentliche Schloss liegt am Rande eines schönen Schlossparks und stammt vom Ende des 19. Jahrhunderts, im Park selbst steht das Alte Schloss vom Ende des 15. Jahrhunderts, mit einem Arkadenhof. Im Schloss befindet sich ein Museum, zu dessen Besuch ich mich aber nicht entschließen konnte. Statt dessen bin ich im Park spazieren gegangen, wo es u.a. auch einen chinesischen Pavillon gibt, und bin dann nach Wilamowice zurückgefahren.
Abends war ich noch in Pszczyna (deutsch Pleß) zu Abend essen, in einem Restaurant mit dem Namen „Międzywojenna“, es war im Stil der Zwischenkriegszeit eingerichtet (inklusive Musik). Ich war dort freilich der einzige Besucher.