10. August 2021: Von Česká Lípa nach Głogów

Über den gestrigen Tag gibt es nicht so viel zu berichten, weil ich die meiste Zeit mit dem Auto unterwegs war. Ich bin von Nordböhmen nach Niederschlesien hinübergefahren, mit dem konkreten Ziel Głogów/Glogau. Natürlich bin ich nicht ununterbrochen gefahren, sondern ich habe öfters Pausen gemacht, aber ohne Besichtigungen. Und ich bin nicht unbedingt die schnellste Strecke gefahren. Wenn man sich von GoogleMaps oder vom Navigator eine Strecke empfehlen lässt, soll man von Česká Lípa nach Zittau und Görlitz fahren, und von dort nach Osten, da führen die größeren und besseren Straßen. Aber nach Zittau und Görlitz wollte ich nicht, weil ich dort schon öfter gewesen bin.

Von Česká Lípa aus führte die Strecke über Zákupy / Reichstadt und Mimoň/Niemes zur Grenze. In Zákupy habe ich kurz vor dem Schloss gehalten und habe den Eingang fotografiert, denn dieses Schloss spielt eine kleine Nebenrolle in der Geschichte der tschechischen Grammatiken. Es gehört nämlich im 18. Jahrhundert der Fürstin Anna Maria Franziska von Sachsen-Lauenburg (1672–1741), die mit Gian Gastone de’ Medici (1671–1737) verheiratet war, der offenbar, um in Böhmen in den Adel aufgenommen zu werden, Tschechisch lernen musste. Dies geschah anhand der Grammatik von Václav Jandit (erschienen 1704), die u.a. ihm gewidmet ist. Wie erfolgreich das Unternehmen war, ist aber unklar. Gian Gastone und seine Gattin kam nicht gut miteinander aus, worauf er nach Italien zurückkehrte, wo er von 1723–1737 der letzte Medici war, der Florenz beherrschte. Im Schloss, das ich vor Jahren mal besichtigt habe, erfährt davon aber nichts, dort dominiert die Erinnerung an Kaiser Ferdinand von Österreich, der dort im Alter lebte und Uhren bastelte.

Eigentlich hatte ich gehofft, unterwegs einen Wegweiser nach Polen zu erblicken, aber unversehens war ich auf einmal in Deutschland und fuhr durch Dörfer südlich von Zittau. Dann fuhr ich nach Polen in Richtung Bogatynia – und befand mich auf einmal wieder in Tschechien, in der Nähe von Schloss Frýdlant/Friedland. Der Versuchung, dieses zu besichtigen, habe ich aber widerstanden und kam bald wieder nach Polen, über einen faszinierenden Grenzübergang. Dort steht nämlich nur noch das Dach, die Gebäude, in denen früher Grenzbeamte saßen, sind abgebaut.

An vielen kleinen Städten vorbei kam ich schließlich gegen Mittag nach Lwówek Śląski / Löwenberg in Schlesien, wo ich das imposante Rathaus bewunderte – und die kleine, weniger imposante Tafel, die daran erinnert, dass Napoleon hier mal zu Gast war.

 

 

 

Dann fuhr ich weiter nach Złotoryja / Goldberg in Schlesien, wo die Altstadt offenbar wieder aufgebaut wurde – die gemütlichen mittelalterlichen Häuser wirken erstaunlich neu. Dort habe ich einen vegetarischen Kebab gegessen und habe das Denkmal bewundert, das an die sieben Bürger erinnert, die sich nach der Pest von 1553 zum Singen auf dem Ring trafen und damit eine Tradition begründeten, die bis zum Zweiten Weltkrieg andauerte und 1995 wiederaufgenommen wurde (das Denkmal stellt allerdings nur einen Bürger dar…).

 

 

 

Weiter ging es nach Legnica/Liegnitz, wo ich die spontane Eingebung hatte, ich könnte das Mausoleum der Piasten besichtigen, eine wunderschöne Barockkapelle aus den Jahren 1677–1679, in der der letzte Piaste (Georg Wilhelm I. von Liegnitz-Brieg-Wohlau, 1660–1675) begraben ist und wo des ganzen Geschlechtes gedacht wird. Leider war das Mausoleum aber schon geschlossen (wie fast immer, wenn ich komme), so konnte ich nur in die danebenliegende Kirche, die gerade renoviert wird.

Nach einer weiteren Stunde war ich schließlich in Głogów/Glogau, wo ich bis morgen bleiben werde. Diese Stadt interessiert mich sehr, weil sie in der Frühen Neuzeit eine sehr große Rolle gespielt hat und weil sie die Heimat von Andreas Gryphius und Arnold Zweig war (um nur zu Beispiele zu nennen). Im Zweiten Weltkrieg wurde sie aber weitgehend zerstört und nur teilweise in alter Form aufgebaut. Daher gibt es einige Ruinen, die als Mahnmale stehen geblieben sind, und kaum Originalgebäude. Und kein Reiseführer wirbt für die Stadt.

Bei einem ersten Spaziergang sah ich in der Innenstadt ähnliche neue „mittelalterliche“ Häuser wie in Złotoryja und auch schon die ersten Ruinen. Alles Übrige werde ich heute erforschen.

1 Kommentar

  • Vielen Dank für die Schilderung der beschwerlichen Anreise mit ihren Auflockerungen. Ich wünsche Dir einen schönen Tag in Głogów. 🌞

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