11. August: Puławy – Kazimierz Dolny

Am Vormittag habe ich mich bald auf den Weg in den Schlosspark gemacht, einerseits um ihn zu besichtigen, andererseits um mich dort hinzusetzen und ein bisschen auf dem Laptop zu schreiben. Ich vermutete nämlich, dass es dort angenehm kühl sein könnte – und das war auch tatsächlich der Fall. Aber bald habe ich auch einen ersten Spaziergang gemacht und die zwei wichtigsten Gebäude im Park in Augenschein genommen. Das sind das „Gotische Haus“ (Dom Gotycki) und das „Heiligtum der Sibylle“ (Świątynia Sybilli), beide wurde 1801 auf Anweisung von Izabella Czartoryska errichtet, die dort das erste Museum auf polnischem Boden einrichtete. Im Gotischen Haus waren Waffen und ähnliche Exponate untergebracht, im Heiligtum der Sibylle Gemälde. Beide Museen blieben aber nur bis 1830 in Betrieb, dann wurden die Exponate in Sicherheit gebracht, erst nach Paris und später nach Krakau. Wo es noch heute das Czartoryski-Museum gibt.
Allerdings konnte ich das Innere der beiden Häuser nicht besichtigen, weil man dafür eine Eintrittskarte braucht, die man nur im Schloss erwerben kann. Also habe ich dann das Schloss besichtigt, das übrigens in seiner ersten Ausführung von einem Namensvetter von mir errichtet wurde, dem flämischen Architekten Tylman van Gameren (1632–1706). Später wurde es aber mehrfach zerstört und wieder aufgebaut, dürfte sich also von der ursprünglichen Version deutlich unterscheiden. Heute ist nur der Mittelteil des Schlosses zugänglich, in den Seitenflügeln befinden sich Behörden. Im Erdgeschoss befindet sich eine Ausstellung über die Czartoryskis, die eines der wichtigsten Magnatengeschlechter überhaupt war. Einer von ihnen, Adam Kazimierz (1734–1823), ist 1764 nur knapp bei der Wahl zum polnischen König unterlegen, sein Sohn Adam Jerzy (1770–1861) war anerkannter Führer der polnischen Emigration. Aber auch die Frauen der Familie sind nicht zu verachten, Adam Kazimierzs Frau Izabella (1746–1835), eine geborene Gräfin von Fleming, war Schriftstellerin, Mäzenatin und Museumsgründerin. Und ihre älteste Tochter, die ältere Schwester von Adam Jerzy, bekannt als Maria Wirtemberska (1768–1854), hat angeblich den ersten polnischen Roman geschrieben, unter dem Titel „Malwina“. Sie war übrigens (wie der Name zeigt) mit einem württembergischen Prinzen, Ludwig von Württemberg (1756–1817), verheiratet, aber unglücklich – das Paar ließ sich 1793 scheiden. Es wäre interessant, etwas über die Gründe zu erfahren, aber daran, dass er zu sparsam gewesen wäre, scheint es nicht gelegen zu haben, er war wohl eher etwas verschwenderisch.
Im ersten und zweiten Stock sind Ausstellungen über das Museum und seine Exponate. Einige wenige sind auch noch in Puławy. Beeindruckt hat mich einerseits die Ausrichtung an der Antike und die Selbststilisierung in deren Nachfolge, andererseits aber auch, dass wohl alle Inschriften und Beschriftungen auf Polnisch waren. Mit Sicherheit kann ich das aber nicht sagen, weil es auch sein könnte, dass nur die polnischen Inschriften gezeigt werden.
Dann war ich wieder im Park und habe das Gotische Haus und das Heiligtum der Sibylle auch von innen besichtigt. Im Gotischen Haus gibt es zwar keine Exponate mehr, aber eine reiche Ausstattung mit Wappen an der Decke. Offenbar sollte hier das Mittelalter nachgeahmt werden. Und neben dem Eingang ist eine in Fragmente zerlegte Inschrift, bei der ich gerne wüsste, ob sie wirklich zerbrochen ist oder von Anfang an so aussah. Das Heiligtum der Sibylle ist als griechischer Tempel stilisiert, sehr eng und hoch. Wo man da wohl die Gemälde aufgehängt hat? – Eine weitere Attraktion im Park ist der Sarkophag. Den hat Adam Kazimierz in Rom von einem der besten Bildhauer seiner Zeit anfertigen und zum Gedenken an seine Eltern aufstellen lassen. Und jetzt steht er da einfach in der Landschaft, unterhalb des Heiligtums der Sibylle.
Am Nachmittag bin ich noch einmal nach Kazimierz Dolny gefahren und bin noch einmal herumgelaufen. Leider war es wieder sehr heiß, aber ich habe es immerhin bis zur Franziskanerkirche geschafft, die oberhalb der Stadt liegt. Und wo gerade leibhaftige Franziskaner eine Messe abhielten… Die habe ich aber nur vorsichtig von außerhalb der Kirche betrachtet.
Zum Abschluss des Tages war ich in einem libanesischen Restaurant, auch so etwas gibt es in Kazimierz Dolny. Das Essen war vorzüglich, aber mir ist auch aufgefallen, dass jeglicher Hinweis auf Arabisch und auf den Islam fehlten. Gut, bei Libanes_innen muss man nicht gleich annehmen, dass sie Muslime sind, aber ich würde meinen, dass in einem libanesischen Restaurant in Deutschland zumindest irgendwo arabische Schriftzeichen sichtbar wären, zur Dekoration.
Maria Wirtemberska
Fragmentarische Inschrift am Gotischen Haus
Das Gotische Haus
Im Inneren des Gotischen Hauses

 

Der Sarkophag

 

Straßenszene in Kazimierz Dolny

 

Bürgerhäuser in Kazimierz Dolny

1 Kommentar

  • Da bist Du in einem sehr bekannten Lokal gewesen. Das Kaslik in Kazimierz Dolny figuriert auch auf internationalen Portalen. Die Einrichtung wird zwar überall als nicht wirklich libanesisch beschrieben, dafür sei die Küche umso besser und libanesisch vom Feinsten: "Jedna z najlepszych restauracji w Polsce."

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