Den heutigen Eintrag möchte ich mich mit zwei Vorbemerkungen beginnen. Erstens will ich darauf hinweisen, dass ich mit der derzeitigen Form des Blogs, wo die Zeilenabstände teilweise unvermittelt wechseln, selbst nicht zufrieden bin. Ich werde versuchen, das irgendwann in Ordnung zu bringen, bisherige Versuche sind aber leider gescheitert. Zweitens will ich mich entschuldigen, dass die gestrigen Fotos teilweise ein merkwürdiges Format haben. Das liegt daran, dass ich aus Versehen von „Automatik‟ auf „Effekte‟ umgeschaltet habe, und bei den Effekten stellte sich dann „Weichzeichnung‟ ein. Bei manchen Fotos macht das gar nicht viel aus, vielleicht werden sie dadurch sogar besser, aber manche wirken etwas merkwürdig. Und zu allem Überfluss scheine ich dann auch noch einen Teil der Fotos gelöscht zu haben… Jedenfalls kann ich sie im Moment nicht finden, hoffe zwar noch, dass ich sie falsch abgelegt habe, aber sehr groß ist die Hoffnung nicht.
Jetzt aber zu Dobšiná. Eigentlich hatte ich ja schon vorgestern dort hinfahren und dort auch übernachten wollen. Ich war nur etwas spät dran und ängstlich, ob ich so schnell ein Hotel finden würde. Und diese Befürchtung war mehr als berechtigt, denn ein Hotel der Art, wie ich sie suche, gibt es in Dobšiná überhaupt nicht. Die im 14. Jahrhundert gegründete Bergbaustadt hat nämlich ihre guten Zeiten schon lange hinter sich. Seit 1880 sinkt die Einwohnerzahl (wie hoch sie damals war, habe ich aber nicht gefunden), heute wohnen dort ca. 5600 Menschen – in einer Stadt, die erkennbar auf viel mehr Menschen angelegt ist.
Die Fahrt nach Dobšiná führt durchs Gebirge, mit vielen Serpentinen, steilen Anstiegen und ebenso steigen Abfahrten, auf kaum befahrenen Straßen. Irgendwo in der Höhe sah ich polnische Motorradfahrer, und wenn man mal hinter einem Lastwagen fährt, bildet sich schnell eine riesige Schlange. Aber man hat nicht den Eindruck, als zöge es viele Menschen nach Dobšiná.
Ich habe die Stadt zunächst von oben fotografiert, als ich dann hineinfuhr, war ich schnell wieder draußen, die Beschilderung ist mangelhaft und ein Schild zum Zentrum habe ich nicht gesehen. Aber ich fuhr dann zurück und war bald im Zentrum, wo sich in langen Straßen kleine Häuschen aneinanderreihen – genau so stelle ich mir eine Siedlung von Bergleuten vor. Die Straßen waren belebt, vor allem von Kindern, und eigentlich alle waren Roma.
Ich musste daran denken, dass ein slowakischer Bekannter vor Jahren behauptet hat, die Roma wohnten nicht in den Bergen, weil sie aus den indischen Ebenen stammten. Für Dobšiná trifft das jedenfalls nicht zu, hier hat man den Eindruck, sie bildeten die Mehrheit. Nach den offiziellen Statistiken ist dies nicht so, aber der Wandel ist schon beachtlich. Bis ins 18. Jahrhundert war Dobšiná weitgehend von Deutschen besiedelt, 1930 waren es nach den offiziellen Zahlen noch 27% Deutsche, 62% Slowaken, 5% Ungarn und 2% Juden. Nach der letzten Volkszählung von 2011 leben dort 72% Slowaken, 10% Roma und 18% nicht Sonstige – hier dürfte es sich auch um Roma handeln. Und nach einem vom Sozialministerium 2013 herausgegebenen Atlas der Roma-Minderheiten machen die Roma sogar 36% aus. Der Bürgermeister der Stadt heißt übrigens Ján Slovák!
Ich habe mich gefragt, ob ich eigentlich in dieser Situation Menschen fotografieren soll. Damit bin ich ohnehin vorsichtig, aber in Dobšiná wird das schwierig, weil man fast kein Bild ohne Menschen machen kann… Die vier Kinder, die ich gleich nach dem Aussteigen aus meinem Auto auf einem Spielplatz sah, wollten aber selbst fotografiert werden und waren auch recht gesprächig. Als sie mich später noch mal in der Stadt sahen, riefen sie ujo, choď (‘komm, Onkel’), da entstand dann ein weiteres Foto.
In der Nähe meines Parkplatzes stand eine prächtige gotische Kirche. Ich habe sie von allen Seiten umrundet, um den Eingang zu finden, sie war aber geschlossen, woraus ich dann erkannte, dass es sich um eine evangelische Kirche handelt. Sie wurde um 1480 gebaut und blieb nach der Reformation immer protestantisch, trotz verschiedener Versuche der Behörden, sie wegzunehmen. Die katholische Kirche wurde erst gegen Ende des 18. Jahrhunderts gebaut und ist viel kleiner.
Bald war ich auf dem Hauptplatz, wo ich drei junge Roma in einem lauten Gespräch antraf. Ich glaubte, aspirierte Konsonanten zu hören, und war begeistert, zum ersten Mal in freier Wildbahn Romani reden zu hören. Aber nachdem ich mich ein bisschen hineingehört hatte, verstand ich immer mehr, es war eben doch slowakisch, wenn auch ein starker ostslowakischer Dialekt…
Nach 12 Uhr machte ich mich auf die Suche nach einem Restaurant, und das ist sehr schwierig. Es gibt zwar Etablissements wie die „Alex.-Bar‟ (man beachte den Punkt) und viele „Trinkhallen‟, aber das einzige auf dem Stadtplan verzeichnete Restaurant („Zu den drei Rosen‟) konnte ich nicht finden. Schließlich ging ich in eine der Bierkneipen, die auch so war, wie ich befürchtet hatte, dort saßen in einem dunklen verrauchten Raum Männer vor Bierkrügen und die Wirtin schlichtete gerade einen Streit. Ich habe mich dann doch getraut, sie anzusprechen, sie lächelte und führte mich quer durch den Raum zu einer Tür, hinter der sich ein lichter kleiner Raum auftrat, wo eine freundliche Dame mit Schürze mit ihren Kindern am Tisch saß. Sie servierte mir dann ein Mittagessen, sogar vegetarisch (panierten Käse), nach einer Krautsuppe und begleitet von einem alkoholfreien Bier. Man soll eben nie die Hoffnung aufgeben.
Zurückgefahren bin ich in einem großen Bogen, vorbei an der Dobschauer Eishöhle (zu der ich mich wegen meiner Erkältung nicht entschließen konnte) an den östlichen Rand der Niederen Tatra zu den zwei Dörfern Telgárt und Vernár. Das sind auch ursprüngliche deutsche Gründungen, die aber schon früh slowakisiert wurden. Telgárt (das von Tiergarten kommen soll) ist heute sogar griechisch-orthodox, was ich der Kirche aber nur von außen ansehen konnte. Beeindruckend war der örtliche Rundfunk, der aus Lautsprechern mit hässlicher Volksmusik aufwartete und dann für einen Seniorenausflug in einen Nachbarort warb. Auch wenn man hier (und insbesondere in Telgárt) sicher schon als Sechzigjähriger Senior ist, habe ich mich doch nicht angemeldet.
Abends bin ich noch in Spišská Nová Ves herumgelaufen, war zunächst auf dem Friedhof und dann in der Stadt. Der Friedhof zeigt sehr deutlich, dass die Stadt schon Ende des 19. Jahrhunderts weitgehend slowakisiert war (ursprünglich war es auch eine der Zipser Städte). Nur mit Mühe findet man noch deutsche und ungarische Gräber. In der Stadt habe ich das 1763 erbaute „Provinzhaus‟ bewundert, und dann den Hauptplatz, wo am einen Ende die evangelische Kirche steht, am anderen Ende das Stadttheater und in der Mitte die katholische Kirche. Es wird also jede Konfession versorgt…
Dobšiná von oben |
Typische Straße in Dobšiná |
Romakinder |
Hauptplatz von Dobšiná |
Evangelische Kirche |
Katholische Kirche |
Eingang zum Friedhof von Spišská Nová Ves |
Grab mit deutscher Inschrift |
Provinzhaus |
Vielen Dank, sehr spannend. Zur Einleitung wollte ich nur sagen, dass ich die kritische Einstellung nur nachvollziehen kann, sehr benutzerfreundlich ist die Software für diese Blogs nicht. Man kann die Kommentare auch nicht nachkorrigieren, sondern muss sie löschen und neu schreiben oder so lassen wie sie sind.