Gestern bin ich von Chełm nach Przemyśl gefahren, in die letzte Stadt, die ich gründlicher besichtigen will. Auch hier war ich 2015 schon mal, hatte damals aber nicht viel Zeit (und es war sehr heiß). Die Stadt hat mich aber fasziniert, erstens durch ihre Lage hoch über dem Fluss San, zweitens durch die lange Geschichte. Sie kommt nämlich (als Перемышль / Peremyšlʹ) schon unter dem Jahr 981 in der Nestorchronik vor – damals hat sie Wladimir der Heilige erobert. Die Stadt und ihre Umgebung wechselten aber noch mehrfach zwischen dem Kiewer Reich und Polen hin und her. Ab dem Mittelalter war sie fester Bestandteil Polens, aber gleichzeitig eine Grenzstadt, und so ist das bis heute geblieben (die Grenze zur Ukraine ist nicht weit weg).
Auf dem Weg nach Przemyśl habe ich nichts Weiteres mehr angeschaut, insbesondere weil dieser Weg über Zamość führt, nur etwa 30 km vor Przemyśl bin ich nach Jarosław hineingefahren, eine etwas kleinere Stadt mit einer ähnlichen Geschichte. Dort drängt sich auf kleinem Raum eine eindrucksvolle Altstadt mit Kirchen, Palästen und Bürgerhäusern zusammen. Und am Ende des Weges bin ich auch zu der Großen Synagoge gekommen, die noch steht und als Schule genutzt wird. Und auf der Rückseite entdeckte ich dann die kleine Synagoge, die in wesentlich schlechterem Zustand ist…
Kurz nach 16 Uhr war ich dann in Przemyśl und habe auch schnell das Hotel gefunden, das nahe beim Bahnhof liegt. Etwas unerwartet war aber das Problem, dass es dort keinen Parkplatz gibt, das hatte ich bei der Buchung übersehen. So schlimm ist das nicht, weil man auf der Straße parken kann, gegen einen geringe Gebühr, aber dafür braucht man Kleingeld. Was in Zeiten, wo man ständig mit Karte zahlt, nicht selbstverständlich ist. So durfte ich mich gestern Abend und noch einmal heute früh mit der Beschaffung von Kleingeld beschäftigen, aber das hat zum Glück geklappt.
Ich habe dann noch zwei längere Spaziergänge gemacht. Den ersten direkt nach der Ankunft, da war ich beispielsweise in dem wunderschönen Bahnhofsgebäude aus der k.u.k.-Zeit, aber auch in einem Café. Przemyśl ist, obwohl es eigentlich etwas kleiner ist als Chełm, endlich mal wieder eine richtige Stadt, mit breiten Straßen und vielen Leuten auf ihnen, mit Geschäften, Restaurants usw. Man sieht hier auch gut, dass Przemyśl bei den polnischen Teilungen an Österreich gefallen (und dort geblieben ist), während die anderen Städte, in denen ich war, die meiste Zeit zu Russland gehört haben. Am Ende des Spaziergangs habe ich jedenfalls in einem Café, das sicher schon vor dem Zweiten Weltkrieg existiert hat, einen Eiskaffee getrunken.
Später am Abend war ich noch einmal in der Stadt und habe länger nach einem geeigneten Restaurant gesucht. Auch hier überwiegen bei weitem die Pizzerien (die sich teilweise auch Tarnnamen wie Mamma Mia geben), und in das seriöseste Restaurant bin ich nicht hineingekommen, nicht etwa wegen meines Aussehens, sondern weil man da so lange hätte warten müssen. Letztlich habe ich dann in einem „Pub“ gegessen, wo es aber einige vegetarische Speisen gab (und viele Sorten von Bier), und genoss ein kleines Konzert am anderen Ende des Platzes. Ein Sänger sang Lieder von Liedermachern, auch solche, die ich kenne, und die größte Überraschung war, dass er auch einmal auf Tschechisch sang, und zwar das Lied Sarajevo von Jaromír Nohavica. Als ich meine Spaghetti gegessen und mein Bier getrunken hatte, bin ich auch noch näher zum Ort des Geschehens gegangen. Da war aber das Konzert schon vorbei und die Bühne wurde abgebaut…
Vielen Dank für diesen weiteren Bericht samt neu arrangierter Bilder. Die kann man jetzt nicht mehr einfach anklicken, um sie zu vergrößern, aber mit der linken Maustaste und „Bild in einem neuen Fenster bzw. Tab öffnen“ gelingt auch das. Mir war übrigens gleich aufgefallen, dass auf den Bildern von Jarosław so gut wie keine Menschen drauf sind. Das hat mich doch sehr verwundert, bei Przemyśl sah das schon wieder anders aus. Wir selbst sind mittlerweile vom Metternichschen Forsthaus wieder zurück in der Forsthausgasse, den Temperaturanstieg von +10°C müssen wir aber nur noch kurz durchstehen, ab Montag soll es auch hier im Süden endlich abkühlen. Gute Weiterreise in Richtung Heimat!