Diesen letzten Text schreibe ich mit mehr als zwei Wochen Verspätung. Leider habe ich es auf der Reise selbst nicht mehr geschafft, dies zu erledigen, und nach der Rückkehr war dann wie üblich sehr viel los. Andererseits waren die letzten Tage der Reise nicht mehr so reich an Erlebnissen, sodass der Bericht so oder so recht kurz ausfallen wird.
Dass ich da gerade in Oberschlesien war, das nicht unbedingt als Ferienregion berühmt ist, hat einen speziellen Grund. Ich kenne nämlich Oberschlesien wenig und in der größten Stadt, nämlich Kattowitz / Katowice, war ich bisher noch nie. Meine Kenntnisse beschränken sich auf eine Stippvisite im Jahr 1994 (?), wo ich auf dem St.-Anna-Berg war, und auf einen längeren Aufenthalt in Ratibor / Racibórz im Sommer 2013, wo ich aber vor allem die Gegend östlich von Ratibor erkundet habe, nicht das eigentliche Kohlenrevier.
Dieses Mal wollte ich nun genau das klassische Oberschlesien kennenlernen und mich auch ein bisschen mit dem Schlesischen beschäftigen. Allerdings hat mich da weniger das gesprochene Schlesische interessiert, das ich gelegentlich, aber erstaunlich selten hören konnte, als vielmehr die Versuche einer schlesischen Schrift- oder Standardsprache. Um über die etwas zu erfahren, nahm ich mir auch vor, in besonders charakteristische Orte zu fahren, was ich dann letztlich durch einen etwas längeren Besuch in Rybnik (südwestlich von Kattowitz) erledigt habe.
Nun aber zum Bericht: Am Montag, dem 29. August, bin ich morgens von Kielce losgefahren, in Richtung Gleiwitz / Gliwice, wo ich für zwei Nächte ein Hotel gebucht hatte. Ich habe mich zwar noch mal kurz in Kielce verfahren, dann bin ich aber schnell vorangekommen. Unterwegs habe ich immer wieder überlegt, ob ich von der Schnellstraße herunterfahre und etwas besichtige, aber irgendwie haben mich die Orte nicht besonders gereizt. Eine Möglichkeit hätte auch darin bestanden, einen kleinen Umweg über Tschenstochau / Częstochowa zu fahren und die Schwarze Madonna anzuschauen, aber dieser Versuchung habe ich tapfer widerstanden. Ich war ja schon zweimal dort und beide Male habe ich die Madonna nicht gesehen. Ich hatte nämlich gewartet, bis der Gottesdienst vorbei war, und hatte mich dann in die Kirche geschlichen, da war die Madonna aber in einem Behältnis eingeschlossen…
Letztlich habe ich erst recht kurz vor Gleiwitz einen Abstecher gemacht und bin nach Beuthen / Bytom gefahren. Das ist eine der größeren oberschlesischen Städte, die aber die Besonderheit hatte, dass hier der Anteil der deutschen Bevölkerung größer war. Deshalb blieb Beuthen auch nach 1921 bei Deutschland, ist aber natürlich seit 1945 polnisch. Mein Versuch, Beuthen zu besichtigen, scheiterte allerdings an der Parkplatzsuche. D.h., ich bin an so manchem älteren Gebäude vorbeigefahren (die Mehrzahl der älteren Gebäude stammt allerdings aus dem späten 19. und frühen 20. Jahrhundert) und habe zuletzt auch einen Parkplatz gefunden. Allerdings konnte man dort nicht mit Geld und auch nicht mit meiner deutschen Bankkarte bezahlen, sondern ich hatte die Auswahl zwischen vier polnischen Bezahlsystemen, die ich alle bisher nicht kannte. Bei einem namens Mpay habe ich mich dann sogar auf dem Parkplatz angemeldet, aber es hat trotzdem nicht geklappt. Dafür bekomme ich, seit ich wieder in Deutschland bin, Mails von der Firma Mpay, die sich freut, dass ich mit ihnen zusammenarbeiten will…
Kurz und gut, ich habe mich auf einen kleinen Rundgang beschränkt, habe ein Kriegerdenkmal fotografiert und bin weitergefahren, direkt nach Gleiwitz. Dort gestaltete sich die Einfahrt in die Stadt aber ziemlich schwierig, und mein Navi wollte mich immer auf Straßen locken, die wegen Bauarbeiten gesperrt waren. Letztlich habe ich den Navi ausgeschaltet und bin Richtung Innenstadt gefahren, in die ulica Zwycięstwa, die Siegesstraße, die bis 1945 Wilhelmstraße hieß. Das Hotel war schnell gefunden, ich war nur zunächst ziemlich skeptisch, wie das mit dem Parken wird. Aber glücklicherweise ist das Parksystem in Gleiwitz einfacher, man könnte auch sagen, traditionell. Man kann Geld einwerfen oder mit Karte bezahlen. Und vor allem muss man nur von 9–17 Uhr zahlen, so konnte ich das Auto problemlos auf einem Parkplatz in der Nähe des Hotels stehen lassen.
Am Nachmittag habe ich dann Gleiwitz erkundet. Auch wenn es keine großen Sehenswürdigkeiten im engeren Sinne gibt, ist die Innenstadt doch sehr schön, mit einem großen Hauptplatz in der Mitte, auf dem das Rathaus steht. Dann gibt es irgendwo ein kleines Stadtschloss, das zwar aus dem Mittelalter stammt, aber in Wirklichkeit nie als Schloss genutzt wurde, sondern als Zeughaus und Gefängnis. Ferner habe ich eine antideutsche Aufschrift gesehen („Weg mit dem Deutschen! Ein Verbot für den Deutschen! Der Deutsche ist ein Büttel!“) und habe eine Gaststätte gesehen, die nach meiner Tübinger Kollegin benannt ist. Das war es dann aber schon. – Eine weitere Gleiwitzer Sehenswürdigkeit, nämlich den Sendeturm, der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs eine Rolle spielte, habe ich bei meiner Abfahrt zwei Tage später besichtigt, deshalb wird über ihn auch später berichtet.
Abends bin ich Chinesisch essen gegangen und hatte ein interessantes Erlebnis. Das Essen, das ich bestellt hatte, wurde nämlich ohne Reis geliefert, und mein Wunsch, auch noch Reis zu bekommen, wurde mit Erstaunen aufgenommen. Aber immerhin habe ich einen bekommen.
Lieber Tilman, vielen herzlichen Dank. Zu Beginn schreibst Du: „Diesen letzten Text schreibe ich mit mehr als zwei Wochen Verspätung.“ Am Ende der Seite aber gibst Du bekannt: „Eine weitere Gleiwitzer Sehenswürdigkeit, nämlich den Sendeturm, der zu Beginn des Zweiten Weltkriegs eine Rolle spielte, habe ich bei meiner Abfahrt zwei Tage später besichtigt, deshalb wird über ihn auch später berichtet.“ Heißt das also, dass wir doch noch auf einen weiteren Text hoffen dürfen? Ein geruhsames Wochenende und herzliche Grüße!
Doch, doch, da kommt noch mehr, vielleicht sogar noch heute. Ursprünglich wollte ich die letzten Tage in einem Bericht zusammenfassen, aber dann habe ich doch so viel geschrieben, dass ich wieder nach Tagen aufgeteilt habe.