Für Donnerstag hatten wir uns wieder einen längeren Ausflug vorgenommen, denn wir wollten unbedingt auch mal „an die Ostsee“. Die hätte man zwar auch von Danzig aus Aufsuchen können, aber das hätte die zur Verfügung stehende Zeit weiter eingeschränkt. So hatte ich also vorgeschlagen, das mit einem Besuch in der Copernicus-Stadt Frombork/Frauenburg zu verbinden. Dorthin fuhren wir wieder auf kleinen Landstraßen und durch viele Dörfer und begaben uns dabei auch in die Nähe der russischen Grenze. Schon relativ früh stand am Straßenrand ein Schild, dass wir uns im Grenzstreifen befänden, und etwas überraschend führte uns der Navigator auch zunächst nach Braniewo/Braunsberg, das östlich von Frombork gelegen ist. Von dort ging es wieder nach Westen, und nach ca. 10 km sahen wir schon den markanten Domberg von Frombork, auf dem die Kathedrale und die sie umgebende Wehranlage stehen. Wir eilten im Laufschritt hinauf, weil unser Gastgeber uns gesagt hatte, dass um 12 Uhr ein Orgelkonzert sei, das war dann zwar erst um 13 Uhr, aber es ist kein Schaden entstanden, denn die Burg war so voll mit Besucher_innen, dass wir es vermutlich gar nicht ins Konzert geschafft hätten. Wir haben dann auch nicht auf das nächste Konzert gewartet, sondern nur die beeindruckende Kirche besichtigt, die zwar offiziell dem Hl. Andreas und der Himmelfahrt Mariä geweiht ist, aber in Wirklichkeit ganz im Zeichen von Copernicus steht, der hier den größten Teil seines Lebens verbracht hat, hier gestorben ist und begraben wurde.
Copernicus begegnet einem deshalb an mehreren Stellen, zunächst überlebensgroß als Denkmal am Fuß des Dombergs, und dann in der Kathedrale gleich mehrfach. Das liegt daran, dass die Stelle, wo er begraben wurde, schon bald in Vergessenheit geraten war. Deshalb wurde später in der Kirche eine Büste zur Erinnerung an ihn aufgestellt, und es wurden Gedenktafeln angebracht (ich muss gestehen, dass ich die nicht gesehen, sondern erst nachher über sie gelesen habe). Und als man dann nach langer Suche 2006 Reste gefunden hat, die nach einer DNA-Analyse (!) Copernicus zugeordnet wurden, hat man ihn auch noch unter einem modernen Denkmal beigesetzt. Wenigstens ist dieses Denkmal recht geschmackvoll.
Unterhalb des Dombergs steht ein Wasserturm, der der älteste Polens sein soll. Seit 1571 verfügt er auch über eine Pumpe, die Wasser von der Ebene auf den Berg pumpt. Diese Anlage soll vom Urgroßvater von Georg Friedrich Händel errichtet worden sein – was gut klingt, was man aber vielleicht mal genauer überprüfen sollte… Positiv zu vermerken ist, dass im Erdgeschoss des Turms ein Café ist, wo man u.a. Eis kaufen kann. Dies erleichtert die Besichtigung natürlich wesentlich. Vom Turm aus kann man auch zur Ostsee laufen, aber weil es ein wenig nieselte, entschlossen wir uns, zur nächsten geplanten Station zu fahren, dem Seebad Kadyny/Kadinen, wo Wilhelm II. eine Sommerresidenz hatte.
Kadyny erwies sich aber als ein kleiner Ort mit wenigen Häusern. Die Residenz (bei der es sich aber nicht um ein Schloss, sondern um eine Art Herrenhaus handelte) haben wir gar nicht gesehen, der Weg zum Meer wurde schnell zum Feldweg und am Ende lag ein verlassener Strand mit wenigen Besucher_innen und einem geschlossenen Kiosk. So sind wir über einen Spaziergang am Wasser nicht hinausgekommen, meine Nichten gingen auch mit den Füßen ins Wasser, aber gebadet haben wir nicht. In diesem Kontext habe ich mich auch gefragt, ob unser letzter Kaiser eigentlich manchmal baden oder schwimmen gegangen ist oder ob das damals noch unter der Würde von Monarchen war. Vermutlich gibt es dazu aber jede Menge Forschungsliteratur…
Statt dessen haben wir im nächsten Ort
Suchacz/Succasevorzüglich gespeist und fuhren dann nach
Elbląg/Elbingweiter. Dort war es leider ziemlich schwül und wir waren müde, so haben wir uns auf einen kurzen Rundgang einschließlich Briefmarkenkauf auf der Post beschränkt. Die Stadt wurde ja im Zweiten Weltkrieg fast vollständig zerstört und nicht im eigentlichen Sinne wiederaufgebaut. So kann man zwar noch die alte Anlage erkennen, aber es gibt wenig interessante Bauwerke. Und durch Gewitterregen sind wir dann nach Barczewko zurückgefahren.
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Der Dom von Frauenburg |
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Befestigungsanlagen um den Dom |
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Modernes Grab des Copernicus |
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Gedenkstein von Copernicus in der Kirche |
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Copernicus-Denkmal am Fuß des Dombergs |
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Wasserturm aus dem 16. Jahrhundert |
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Gutshaus in Kadinen |
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Innenstadt von Elbing |
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Dom von Elbing |
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"Bei seiner körperlichen Unbeholfenheit und Zagheit war es eine gewiß hervorragende Leistung der Energie, der ausgezeichnete Schütze, Schwimmer und Reiter, mit einem Worte der kühne und unerschrockene Mann zu werden, als den ihn wenigstens Hinzpeter 1888 anerkennt." (Conrad Bornhak: Deutsche Geschichte unter Kaiser Wilhelm II. Erlangen, Leipzig 1921, S. 26)