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Topfenknödel im Motorest |
Den heutigen Bericht schreibe ich schon in der Slowakei, und zwar in Nitrianske Pravno / Deutsch-Proben im sog. Hauerland. Ich bin hier gestern am frühen Nachmittag eingetroffen, nach einer gemütlichen Fahrt von etwa zweieinhalb Stunden. Die Strecke führte über Uherské Hradiště und Uherský Brod zur slowakischen Grenze, vor der ich schnell in dem Motorest Rasová Station machte – und wie jedes Mal den dortigen Topfenknödeln anheimfiel. Dort machen sie nämlich wunderschöne Topfenknödel, die mir zu jeder Tageszeit schmecken… Gestern war es eigentlich zu früh, aber ich habe dann eben nicht zu Mittag gegessen. Und irgendwie war es gut, dass ich mich vor der Grenze noch gestärkt habe, denn für das kleine Stück von dort bis zum Grenzübergang habe ich fast eine Dreiviertelstunde gebraucht, wegen Bauarbeiten war die eine Spur gesperrt, man muss vor Ampeln warten usw. Eine Grenzkontrolle gab es nicht, aber auf der Gegenseite wurde kontrolliert, eine Überraschungskontrolle durch eine mobile Einsatztruppe. Auf der slowakischen Seite ging es dann weiter auf immer schlechter werdenden Straßen, vorbei an Trenčín und Prievidza, dann durch einen Ort namens Nedožery, der in mir sofort interessante Assoziationen hervorgerufen hat (wie inzwischen überprüft, handelt es sich tatsächlich um den Geburtsort des berühmten Grammatikers Vavřinec Benedikt Nudožerský – da muss ich unbedingt noch einmal hinfahren). Ja, und dann war ich im Hauerland.
Jetzt muss ich wohl erstmal erklären, was das Hauerland ist und warum ich hier unbedingt hinfahren wollte. Bekanntlich interessiere ich mich für ehemalige deutsche Sprachinseln und klappere die der Reihe nach ab. Damit begonnen habe ich 1993 in der Slowakei, und ich war eigentlich davon überzeugt, dort überall gewesen zu sein, nicht nur in der Zips, sondern auch in der Nähe von Kremnica/Kremnitz (in der Mittelslowakei) und in Metzenseifen. Aber irgendwie war mir die Sprachinsel von Deutsch-Proben entgangen, bzw. ich dachte, sie sei auch in der Mittelslowakei. Da ist sie aber nicht, sie liegt weiter westlich, im Gebiet Horná Nitra, d. h. am Oberlauf des Flusses Nitra, in einem großen Gebirgskessel. Das Gebiet wurde ab dem 14. Jahrhundert von deutschen Bergleuten besiedelt, und bis 1944 gab es hier ca. zwanzig deutsche Kleinstädte und Dörfer. Der Name Hauerland, der die beiden Sprachinseln (Kremnitz und Deutsch-Proben) zusammenfasst, ist eine Kunstbezeichnung aus den zwanziger Jahren des 20. Jahrhunderts, danach gebildet, dass die Namen der meisten Dörfer auf -hauenden. Die Gegend fand großes Interesse bei sudetendeutschen Volkskundlern, vor allem Josef Hanika (1900–1963), der auch reichlich dazu publiziert hat. 1944 wurden die Bewohner von den Partisanen bedrängt, es kam auch zu Massakern, und in den folgenden Jahren sind die meisten von ihnen geflohen bzw. vertrieben worden. Einige müssten aber auch noch da sein, u. a. wurde über sie vor einigen Jahren ein Film gedreht. Den habe ich mir zwar mal in Bratislava gekauft, ihn aber nie angeschaut.
In Nitrianske Pravno habe ich mich im Hotel Vyšehrad einquartiert, das nicht nach der Prager Burg benannt ist, sondern nach einem nahegelegenen Berg, auf dem ein prähistorische Burg liegt, die bis in
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Rathaus
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die großmährische Zeit und dann noch einmal von den Hussiten genutzt wurde – die schaue ich mir auf jeden Fall noch an. Und dann habe ich die Stadt besichtigt, die einige schöne Gebäude hat,
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Café Casablanca |
etwa das prächtige Rathaus, ein Haus mit der Jahreszahl 1596 (heute Café Casablanca!), eine Kirche vom Anfang des 20. Jahrhunderts und ein Kriegerdenkmal, das den Toten des Ersten Weltkriegs geweiht ist. Das Kriegerdenkmal ist deutsch beschriftet und enthält fast nur deutsche Namen. An den Zweiten Weltkrieg erinnert ein sowjetisch wirkendes Denkmal zur Befreiung vom Faschismus.
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Denkmal der Befreiung vom Faschismus |
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Teilweise zweisprachige Tafel in der Kirche |
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Kriegerdenkmal |
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Tafeln am Museum |
Es gibt auch ein Museum, das den Karpatendeutschen gewidmet ist, aber das werde ich kaum besuchen können. Im Internet stand, es sei jeden Sonntag geöffnet, am Museum selbst steht, es sei jeden Freitag von 16-19 Uhr geöffnet, mit auswärtigen Besuchern rechnet da offenbar keiner. Weitere deutsche Spuren konnte ich nicht entdecken, abgesehen davon, dass wirklich fast alle Beschriftungen und auch neuere Texte in der Kirche zweisprachig sind. Vielleicht raffe ich mich ja noch auf, jemanden anzusprechen, aber da tue ich mir ja immer recht schwer.
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Marterl an der Straße nach Vyšehradné |
Gegen Abend bin ich noch mit dem Auto in den Ort Vyšehradné gefahren, unterhalb der Burg, der heute eine Art Feriensiedlung zu sein scheint. Jedenfalls waren viel mehr Leute unterwegs als in Nitrianske Pravno. Vyšehradné hieß übrigens bis 1945 auf Deutsch Beneschau bzw. Beneschhau, aber auch Mayzel, auf Ungarisch Felsőpróna und auf Slowakisch ursprünglich Majzel und erst ab 1948 Vyšehradné, offenbar benannt nach dem Berg. Da sollte man fast mal untersuchen, wie die verschiedenen Namen zusammenhängen und wann bewusst umbenannt wurde.
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Da lernt man wieder einiges dazu, lieber Tilman, vielen Dank. Ich habe mir gerade den "Územný plán obce Nitrianske Pravno" angesehen und darin auf S. 16 den Abschnitt "Staré a inojazyčné názvy obce" (eigentlich recht interessant):
*Nitrianske Pravno*: 1393 Prona, 1416 Aranprowna, 1493 Nemethprona, 1773 Nemeczke Prawno, 1920 Nemecké Pravno, 1946 Nitrianske Pravno; maď. Németpróna, nem. Deutschproben, Deutschbron, lat. Teutoprona;
*Solka*: 1424 Zalka, 1786 Solka; maď. Szolka, Nyitraszalka;
*Vyšehradné*: 1333 Prona Superior, 1409 Maysel, 1438 Felsewprona, 1444 Maysel a. n. Felsewprona, 1786 Majzell, 1948 Vyšehradné; maď. Majzell, Felsöpróna, nem. Benschhen.
Im Wörterbuch "Názvy obcí Slovenskej republiky (Vývin v rokoch 1773 – 1997)" (http://slovniky.juls.savba.sk/?d=obce) steht hingegen nur:
1577 *Nitrianske Pravno* PD/TC nitr. 1950 pričl. o. Solka; 1960 pričl. o. Vyšehradné.
1773 Német-Prona, Deütsch-Pron, Nemecz[ké] Prawno, 1786 Német-Próna, Deutsch-Bren, Nemecké Prawno, 1808 Német-Próna, Deutsch-Prona, Německé Práwno, 1863–1913 Németpróna, 1920 Nemecké Pravno, 1927–1946 Nemecké Pravno, Deutsch-Pravno, 1946– Nitrianske Pravno
*Solka*: 1773, 1863–1907 Szolka, 1786 Solka, 1808 Szolka, Solka, 1913 Nyitraszalka, 1920–1950 Solka
*Vyšehradné*: 1773, 1786, 1863–1882, Majzell, 1888–1907, 1920–1948 Majzel, 1913 Felsőpróna, 1948–1960 Vyšehradné
Pekný pobyt aj naďalej šťastnú cestu!