Der Bericht über diesen Tag wird kürzer ausfallen als über den Tag zuvor, denn ich bin an diesem Tag die meiste Zeit im Auto gesessen. Das war auch von Anfang an so geplant, denn ich wollte an diesem Tag von Niederschlesien in die Nähe von Wilamowice fahren. Aber dass es dann so ablaufen würde, wie es ablief, hatte ich nicht vorgesehen.
Mein Bericht über den vorigen Tag hatte damit geendet, dass in der Unterkunft der Strom ausgefallen war und ich deshalb früh ins Bett gegangen bin. Leider war der Zustand am nächsten Morgen der gleiche, kein Strom, kein Licht, kein Internet (weil auch der Router ausgefallen war). Leider war auch niemand da, dem ich das melden konnte, die Unterkunft war eine von der Art, wo man mit einem Code ins Haus und ins Zimmer kommt und gar keine Angestellten trifft (so etwas gibt es in Polen häufiger).
Ich habe mit dem Handy (das funktionierte noch) ein Mail an die für die Unterkunft Zuständigen geschrieben und versucht anzurufen, habe aber niemanden erreicht. Und dann bin ich halt kurz nach 8 Uhr abgefahren. Ein eigentlich für 9:30 geplantes ZOOM-Gespräch mit einer Kollegin wurde noch schnell in ein Telefonat umgewandelt. Und dann fuhr ich mit dem Auto durch den Regen. Wahrscheinlich hatte es schon die ganze Nacht geregnet, es regnete aber weiter bis mittags. Gleichzeitig waren die Straßen voll und die Beschilderung nicht immer klar, so habe ich mich auch noch zweimal verfahren.
Nur von Liegnitz nach Bielany zu fahren (wo ich ein Hotelzimmer reserviert hatte) wäre langweilig gewesen, deshalb wollte ich unterwegs noch etwas anschauen, konkret das Zisterzienserkloster Heinrichau/Henryków, wo um das Jahr 1270 der erste polnische Satz aufgezeichnet wurde. Er steht in einer Art Chronik, die ein Mönch des Klosters geführt hat, und berichtet von einem Mann, der zu seiner Frau, die mit dem Schleifstein arbeitete, Folgendes gesagt haben soll: Day ut ia pobrusa, a ti poziwai. Auf Deutsch heißt das: „Lass mich schleifen, und du ruhe aus!“
Das Kloster liegt irgendwo zwischen Breslau und Oppeln, in unwegsamer Gegend. So bin ich auf kleinen Straßen gefahren und war irgendwann wirklich am Ziel, auf einem riesigen Parkplatz in der Nähe des Klosters. Der Fußweg ins Kloster selbst dauerte fast eine Viertelstunde, führte aber durch schöne Grünanlagen. Die Klosteranlage war menschenleer, aber ich habe dann doch schnell herausgefunden, dass es Führungen durch die gesamte Anlage nur in großen Abständen gibt, während man andererseits jederzeit die Kirche besuchen kann. Also habe ich die zweite Variante vorgezogen, habe noch schnell bei zwei netten älteren Damen im Klostercafé Tee getrunken und Kuchen gegessen, und war dann länger in der Kirche.
Die Kirche ist wie das ganze Kloster, das wie viele andere Klöster 1812 säkularisiert wurde und bis 1945 Herzöge von Sachsen-Weimar-Eisenach war (genutzt als Landgut) nicht im besten Zustand und wird erst seit einigen Jahren renoviert, enthält aber doch einiges Sehenswerte, darunter ein ziemlich verrücktes überladenes Chorgestühl und ein kleines Mausoleum, in dem Bolko II. Von Münsterberg (gestorben 1341) und seine Frau Guta bzw. Jutta (gestorben 1342) liegen.
Ein bisschen aufregend wurde es noch, als ich nach Ende der Besichtigung zu meinem Auto kam und den Autoschlüssel nicht finden konnte. Er war mir offenbar irgendwo heruntergefallen und ich bin schließlich noch zweimal zur Kirche gegangen und zweimal zurück, durfte in der Kirche suchen und wurden von den Damen im Café bemitleidet. Der Schlüssel hat sich aber doch wiedergefunden, irgendjemand hatte ihn in der Pforte des Kloster abgegeben.
Dann bin ich weiter Richtung Wilamowice bzw. Bielany gefahren, über oberschlesische Straßen und Autobahnen. Teilweise funktionierte der Navigator nicht richtig, was daran liegen dürfte, dass neue Straßen gebaut wurden, die er nicht kennt (ja, ich weiß, man müsste ihn aktualisieren, aber das habe ich halt noch nicht getan). Aber gegen 18 Uhr war ich dann wirklich in Bielany, in meinem dortigen Lieblingshotel Przystań nad Solą (wörtlich ‚Hafen an der Sola‘), wo ich seit Jahren absteige und das ich wirklich empfehlen kann. Es liegt malerisch am Fluss, in einsamer Gegend, dafür sehr ruhig. Und es gibt gutes Essen.
Ich habe noch einen kleinen Abendspaziergang gemacht, habe dann fürstlich gespeist (u.a. Kartoffelpuffer mit Lachs in Kapernsoße) und bin wieder recht früh ins Bett gegangen.






