20. August 2012: Békéscsaba (Nationalfeiertag u.a.m.)

Nachdem ich mich gestern entschlossen hatte, noch in Békéscsaba zu bleiben, waren für den heutigen Tag zwei Programmpunkte vorgesehen, der Nationalfeiertag und ein Besuch des Schwimmbads, das mir mein neuer Bekannter so entschieden empfohlen hatte. Wie nicht anders zu erwarten, berichte ich vor allem vom Nationalfeiertag und weniger aus dem Schwimmbad, wo ich beispielsweise auch nicht fotografiert habe.
Zur Eröffnung des Tages habe ich den Hoteldirektor, der mich wieder dröhnend auf Deutsch begrüßte, darauf angesprochen, ich hätte gehört, er spreche Slowakisch. Dem hat er gar nicht widersprochen und mir schnell in gewandtem und leicht dialektalem Slowakisch die Geschichte der Stadt erzählt. Daran anschließend bin ich in der Stadt herumgelaufen und habe gewartet, wann die Feierlichkeiten beginnen. Der Platz zwischen Hotel und Rathaus war schön bestuhlt, aber relativ leer.
Kurz nach 10 Uhr bemerkte ich, dass vor dem Rathaus eine Gruppe von Personen stand, mit dem an der Amtskette zu erkennenden Bürgermeister und einem katholischen Priester in der Mitte. Ich eilte dort hin und konnte als erstes einen Fahnenappell unter Beteiligung von etwa 10 Soldaten beobachten. Als nächstes redete der Bürgermeister, der übrigens hier polgármester heißt, und es gab etwas Musik. Und es begann eine merkwürdige Zeremonie, in der zunächst ein Eid vorgelesen und nachgesprochen wurde. Ich verstand überhaupt nur das erste Wort én ‘ich‘ und habe lieber nichts nachgesprochen. Das taten auch nur einige Anwesende, die in einem Block auf Stühlen saßen. Diese wurden danach namentlich aufgerufen und erhielt eine Urkunde, ein Buch und ein in den ungarischen Farben geschmücktes kleines Brot. Ich dachte erst, es würden Neubürger/innen begrüßt, aber die so Geehrten waren aus allen Altersklassen. Erst nachmittags habe ich dann erfahren, dass es um die Einbürgerung von Ungarn aus Rumänien geht, die die Staatsbürgerschaft und das Wahlrecht erhalten – eine international sehr umstrittene Aktion der gegenwärtigem Regierung.

Als nächstes betrat eine Gruppe von Geistlichen verschiedener Konfessionen, begleitet vom Bürgermeister und einigen Damen. Dabei war auch der evangelische Pfarrer, in dessen Gottesdienst ich gestern war. Hier sprach er viel freier, natürlich auf Ungarisch, und hielt mit zwei anderen (der zweite und letzte war ein katholischer Pfarrer, der mittlere undefinierbar) eine ökumenische Andacht ab, die darin gipfelte, dass der Bürgermeister einen großen Brotlaib anschnitt und die erste Schnitte hochhob. Der Tag des Hl. Stefan ist offenbar mit einer Art Erntedankfest verbunden. Es wurden dann auch kleine Brote an die Bevölkerung ausgeteilt, ich habe mich aber vornehmen zurückgehalten.

In der ganzen Feier fiel kein slowakisches Wort, was mich doch etwas verwundert hat – schließlich ist das hier der Vorzeigeort mit vielen slowakischen Institutionen. Auch die ökumenische Feier hätte man sich etwas breiter vorstellen können, es gibt in Békéscsaba z.B. auch eine jüdische Gemeinde. Abends habe ich dann erfahren, dass der Bürgermeister (er heißt Gyula Vantara) auch slowakischer Abstammung ist, aber gleichzeitig bei der Regierungspartei, die das nicht so goutiert.
Der Bürgermeister und sein Tross zogen weiter in die katholische Kirche, wo eine Festmesse stattfand. Der Platzt leerte sich damit wieder sehr, es blieben nur vereinzelte Grüppchen an den Ständen. Der einzige größere Menschenauflauf bildete sich um eine junge Frau, die Kindern Märchen vorlas, bzw., wie ich dann dem Programm entnommen habe, „Brotmärchen“ (kenyérmesék). Ich habe noch einen Weinschorle getrunken (der am Stand nicht spricer, sondern noch viel schöner fröcss hieß) und eine Bratwurst gegesssn und habe mich auf den Weg ins Schwimmbad gemacht.
Über das Schwimmbad gibt es nicht viel zu berichten. Wer mich kennt, weiß, dass ich noch seltener in Schwimmbäder als in Konzerte gehe, so war dies ein interessantes Erlebnis nach vielen Jahren Enthaltsamkeit. Das Schwimmbad ist aber tatsächlich sehr prächtig, wie in Ungarn üblich auch mit Thermalbad, Dampfbad und Sauna. Und der slowakische Geographie- und Sportlehrer entdeckte mich dort auch bald und leitete mich zu einem Gesamtprogramm an, bei dem ich alles mitgemacht habe, was es da so gibt. Wir unterhielten uns die ganze Zeit auf Tschechisch, manchmal mit slowakischen Einsprengseln. Etwas merkwürdig war, dass sämtliche Bekannte, die ihn ansprachen (und das waren nicht wenige), mit ihm ungarisch redeten, auch wenn er erklärte, wer ich bin, und ein einziger Mann fühlte sich veranlasst, sich mir auf Deutsch vorzustellen, obwohl er – wie mir gesagt wurde – auch gut Slowakisch spricht.
Der Schwimmbadbesuch endete mit einem Lángos (ein wunderschönes fettes Knoblauchbrot, das in Deutschland vermutlich längst verboten wäre) und einem spricer, dann gingen wir in die Stadt zurück und genossen noch das Feuerwerk. Von dem berühmten Sänger, der danach auftrat, hatte ich wieder nicht ganz so viel, bin aber, weil er ja direkt vor meinem Fenster sang, erst gegen 23:30 ins Bett gegangen. Morgen muss ich noch ins Slowakische Forschungsinstitut (wo mein Bekannter mich schon angekündigt hat), dann verlasse ich endlich Békéscsaba in Richtung Banat.

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