Am Morgen nach dem Müterśpröhtag gab es noch einmal ein gemeinsames Frühstück bei Familie Król. Dort lernte ich auch jemanden Weiteren kennen, der in der zweiten Nacht in der Pension „Willa Leśna“ übernachtet hatte, und zwar einen jungen Goralen. Er stammt aus einem der Dörfer, die ursprünglich zur Zips gehörten und 1920 an Polen kamen – was die Slowaken nie verwunden haben. Es gibt dort auch eine kleine slowakische Minderheit, zu der er zwar nicht gehört, aber dafür studiert er Slowakisch. Wir wechselten dann gleich zu dem zwischen Tschechen und Slowaken üblichen passiven Bilingualismus, d.h. ich sprach mit ihm Tschechisch, er mit mir Slowakisch.
Ansonsten wurde beim Frühstück vor allem über schlesische Themen diskutiert, u.a. über eine Frage, die gerade auf Facebook heiß diskutiert wird, nämlich ob es möglich sein soll, universitäre Abschlussarbeiten auf Schlesisch zu schreiben. Diese Diskussion hatte sich einige Tage zuvor sehr zugespitzt, was einige der Anwesenden dazu nutzen, grundsätzlich zum Stil der Auseinandersetzung Stellung zu nehmen. – Ja, und zum Abschluss unterhielten wir uns auch noch über das Corona-Virus, das mich damit in Polen einholte, zu einem Zeitpunkt, wo es in Polen noch keinen einzigen Fall gab. Tiömas Mutter (die Ärztin ist) äußerte sich jedenfalls sehr skeptisch über die weitere Entwicklung.
Die Fahrt nach Bardo dauerte ziemlich lange, obwohl ich fast nur auf der Autobahn
Kurz vor Bardo habe ich mich auch noch in einem engen Tal verfahren, musste zurück zur großen Straße und war dann gegen 16:30 in Bardo. Die Wallfahrtskirche ist weithin sichtbar, die Stadt war völlig leer (ich glaube, sie füllt sich nur zur Zeit der Wallfahrten) und provinziell. Aber die Kirche hatte geöffnet und ich konnte das Gnadenbild besuchen. Am Eingang stand noch „Achtung Stufe“, ich habe das falsch interpretiert und bin prompt anderthalb Meter weiter (da war nämlich erst die Stufe) gestolpert. Eine ältere Ordensschwester eilte herbei, fragte, ob mir etwas passiert sei, und verwickelt mich in ein Gespräch. Als ich sagte, ich sei aus Deutschland, fragte sie, ob ich „zurückgekommen“ sei, das musste ich nun doch verneinen. Aber ihrer Aussage, ich sei sicher gekommen, um zur Mutter Gottes zu beten, habe ich lieber nicht widersprochen und mir auch noch zwei schöne Postkarten gekauft.
Dann fuhr ich weiter, hinein in die Dunkelheit, habe ich mich in der Grafschaft Glatz, die ich eigentlich gut kenne, ziemlich verfahren und war heilfroh, dass ich nach längerer Suche das „Alpenhotel“ (Hotel Alpejski) an der großen Straße zur Grenze fand, wo ich schon öfter gewohnt habe. Ich war offenbar der einzige Gast, wurde sehr gedrängt, schnell zu Abend zu essen (das Essen war aber sehr gut), und beim Frühstück wurde ich von zwei Kellnerinnen und einem Kellner bedient, die sich offenbar freuten, endlich mal wieder Abwechslung zu haben.
Am Abend hörte ich noch im Autoradio von den ersten Corona-Fällen in Tschechien, die mich dann am nächsten Tag begleiteten, als ich mit dem Auto nach Pardubice und später von dort nach Tübingen fuhr. In Pardubice traf ich mich für ein Stündchen mit dem Historiker René Novotný, der sich wie ich für die deutschen Siedlungen in der Nähe von Pardubice interessiert, ging noch kurz in die wunderschöne Innenstadt und fuhr dann zurück – gegen 21 Uhr war ich wieder in Tübingen.